Klassensprachen

20/07/2017 — 17/09/2017

Photos: Nina Hoffmann

Klassensprachen, Ausstellung, Magazin, Debatte, 2017, Grafik: Offshore Studio

„Das Zeichen wird zur Arena des K.“

Ausstellung, Magazin, Debatten

Teilnehmer*innen: Kai Althoff/Isa Genzken, Gerry Bibby, Cana Bilir-Meier, Sean Bonney, Hans-Christian Dany, Övül Ö. Durmuşoğlu, Michaela Eichwald, Frank Engster, Fehras Publishing Practices, keyon gaskin, Sarah Harrison, Ann Hirsch, HATE MAGAZIN, Karl Holmqvist, Stephan Janitzky, Jutta Koether, Justin Lieberman, Hanne Lippard, Thomas Locher, MC Baustelle, Sidsel Meineche Hansen, Karolin Meunier, Rachel O’Reilly, Phase 2, Johannes Paul Raether, Monika Rinck, Aykan Safoğlu, Juliana Spahr, spot the silence, Starship, Josef Strau, Marlene Streeruwitz, Hans Stützer, Linda Stupart, Ryan Trecartin, Peter Wächtler, Ian White, Tanja Widmann, Frank B. Wilderson III, Susanne Winterling, Alenka Zupančič und andere.
Ausstellungsdesign: Fotini Lazaridou-Hatzigoga. Grafik: Offshore Studio.

DONNERSTAG, 20. Juli 2017; 19 Uhr
Eröffnung

Öffnungszeiten der Ausstellung
21. Juli bis 17. September, Mittwoch bis Sonntag, 14 – 18 Uhr

 

Als ‚Form-Krieg‘ dreht der K sich nicht nur um die politischen Formen (…). Die Form-Kämpfe sind zugleich Kämpfe um Sinn; sie erfüllen Kultur und Sprache mit lebendigem Widerstand (…).  „Das Zeichen wird zu Arena des K.“
(Valentin Voloshinov)

In Wörterbucheinträgen wird das besprochene Wort nach seiner ersten Nennung durch seine Initiale repräsentiert. Klasse, Klassenkampf, Klassenwiderspruch werden, ebenso wie Krise, Katastrophe oder Kolonialismus, zu K. Unser K. steht für KLASSENSPRACHEN – und damit für ein Terrain von Antagonismen, in dem sich die politischen Orthodoxien der Vergangenheit mit den sozialen Brutalitäten der Gegenwart treffen.

In dieser Gegenwart sind Fragen der Übersetzung, der Versprachlichung und der (körperlichen) Einschreibung jener Divergenzen Teil eines allumfassenden Prozesses geworden, dessen Veränderungen und Zuspitzungen wir mit KLASSENSPRACHEN in den Vordergrund ziehen wollen, künstlerisch, kuratorisch, im Schreiben und in der Debatte. Es geht uns nicht darum, die Kunst als Politik auszugeben, sondern sie auf die Signaturen, die Marker und Formen der zutiefst antagonistischen Verhältnisse zu überprüfen, deren materieller Teil sie ist: Es geht uns um Kunst als Klassensprache ebenso wie um Klassensprachen in der Kunst.

Wir möchten beginnen, ein Terrain zu kartieren, uns anzueignen, zu besetzen und ausufern zu lassen, auf dem wir einen fortlaufenden Problemaufriss produzieren. In drei Formaten – in Ausstellungen, Magazinen und Debatten – wollen wir uns von nun an in unregelmäßigen Abständen der Konfrontation mit/von Klassensprachen in der Bildenden Kunst der Gegenwart widmen und prüfen, wie diese in Richtung der gemeinsamen Entwicklung eines praktischen Wissens, einer Handlungsfähigkeit innerhalb und außerhalb der Kunst geöffnet werden können. Für ein Verständnis also, das nicht so sehr auf eine positive gemeinsame Identifizierung hofft, als vielmehr in miteinander geteilten Negativitäten bestehen will, in Übersetzungen antagonistischer Erfahrungen aneinander. Denn wenn man das orthodoxe Verständnis von Klasse hinter sich lässt, die Grammatik von Produktivität, die ihr anhaftet, und die exklusiven Ideologien von Fortschritt und Freiheit, die sie aufruft, stellt sich die Frage nach den Möglichkeiten eines Klassenbegriffs im Jenseits solcher national organisierten Modernismen. KLASSENSPRACHEN möchte diesen Fragen nachgehen: Wie können aus miteinander geteilten und uns voneinander teilenden Formen gegenwärtiger Unterdrückung praktische Solidaritäten sprachlich werden – innerhalb der Kunst und jenseits von ihr?

Als weithin klassenspezifische Institution des globalisierten Kapitalismus ist die Kunst selbst keineswegs ein Hort authentischer Kommunikation inmitten der kalten Abstraktion der Wertform. Ihre gegenwärtige Form basiert auf ebenjenen Modernismen, die schon den Begriff der Klasse oft so unzumutbar orthodox erscheinen lassen. KLASSENSPRACHEN geht es dementsprechend sowohl um eine Heterodoxie der Klasse als auch der Kunst. Wie der eingangs zitierte Linguist Valentin Voloshinov bereits 1929 feststellte: Jede Form ist ein Terrain von Klassenkämpfen. Die erste Ausstellung bei District, das darauf folgende Debattenwochenende und die erste Ausgabe der Zeitschrift KLASSENSPRACHEN, die zum Ende der Ausstellung im September erscheint, bilden einen breit aufgestellten Auftakt, eine Materialsammlung, eine exemplarische Ansicht derjenigen künstlerischen, poetischen, kritischen, publizistischen und theoretischen Positionen, bei denen wir nach Anhaltspunkten für die Frage der Klassensprachen suchen. Dieser kollaborative Arbeitszusammenhang will ein Panorama ihrer Formen und Widerstreite erstellen: Hierin tritt die Kunst als Ausgangs- aber – so hoffen wir – nicht als Endpunkt unseres fortlaufenden Engagements auf.

 

KLASSENSPRACHEN wurde von Manuela Ammer, Eva Birkenstock, Jenny Nachtigall, Kerstin Stakemeier und Stephanie Weber als langfristige Kollaboration initiiert.

Ein Projekt von District Berlin
Künstlerisches Leitungsteam: Suza Husse mit Janine Halka und Andrea Caroline Keppler. Geschäftsführer: Frank Sippel. Produktionsleitung: Naomi Hennig. Kommunikation: Johanna Ekenhorst. Aufbau: MC Baustelle (Francy Fabritz, Josephine Freiberg, Anka Mirkin, Winnie Olbrich und Hassan Suleiman). Assistenz: Eva Storms und Yoonhee Kim. Finanzen: Annett Hoffmann.

Gefördert durch den Hauptstadtkulturfonds Berlin. Unterstützt von Cine Plus und Jungle World.

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