ổn định động. Mobile Academy Hà Nội Hội An Sài Gòn Bá Linh

03/07/2013 — 25/07/2013

Der Titel ổn định động („bewegliche Festigkeit“ oder „Stabilität aus der Bewegung“) entstammt dem Nachdenken des berühmten Poeten Lê Đạt, Mitglied der Dissidentenbewegung Nhân Văn-Giai Phẩm (1956-58), über die philosophischen Konsequenzen der in der Quantenphysik zugrunde gelegten Unschärferelation. Er interpretierte die von Heisenberg entwickelte Theorie als einen Anstoß zur Überwindung tradierter Antagonismen einer deterministischen Weltsicht. Davon ausgehend formuliert er die Position des ổn định động als einen möglichen Ausweg aus den starren Dichotomien herrschender Weltanschauungen und Wissenschaftsauffassungen: „Denker*innen müssen Tanzen lernen.“ Mit der von ihm vorgeschlagenen „dritten Position“ beschreibt er die Verkörperung einer neuen Logik. Ähnlich wie der Kulturtheoretiker Sarat Maharaj, der über das Ringen um gemeinsame Bedeutungen als einen Prozess verschiedener Aggregatzustände spricht, der nur beginnen kann, wenn die eigenen geistigen Rahmenbedingungen zu schmelzen anfangen, versteht Lê Đạt ổn định động als einen Zustand der gespannten Leichtigkeit, die aus der Anerkennung und der beweglichen Zusammenkunft mit der/des Anderen hervor geht.

Die Mobile Akademie versucht, das Prinzip des ổn định động durch eine bestimmte geistige Haltung, eine bestimmte Raumkonstruktion und durch kollaborative Wissensproduktion umzusetzen. Die Zeltarchitektur dieses Lernortes wurde in Zusammenarbeit mit Architekt*innen und Handwerkern in Hòa Bình nahe Hà Nội in einer Kombination aus traditioneller Bambusbauweise und dem architektonischen Prinzip der Tensegrity, einem Stabwerk, das durch Zugspannung zusammen gehalten wird, entwickelt. Auf der Reise der Mobilen Akademie vom Norden in den Süden Vietnams im April und Mai 2013 wurden lokale Expert*innen der Kultur, Geschichte und Politik in dieses Zelt eingeladen, um ihre Erfahrungen, Arbeits- und Denkweisen miteinander und mit den Student*innen, Gästen und Nachbar*innen zu teilen. Davon inspiriert, haben die Student*innen, teils in Zusammenarbeit mit lokalen Künstler*innen, Arbeiten entwickelt – darunter Filme, Graffiti, Performances, Fotografien, Texte und Zeichnungen –, die nun in Berlin präsentiert werden.

In den Ausstellungen im Dong Xuan Center und bei District fungiert das Zelt als materielles Gedächtnis des in Vietnam gesammelten Wissens, als Display der dort entstandenen Werke ebenso wie als mobiler Diskurs-, Bühnen- und Gemeinschaftsraum. Durch das ổn định động-Symposion werden Anlässe geschaffen, interkulturelles Wissen zu produzieren und zu vermitteln. Vorträge, Konzerte, Filmpräsentationen, Performances, Videoscreenings, Diskussionen und Workshops bieten vielfältige Ansatzpunkte für die Auseinandersetzung mit der komplexen Geschichte und Gegenwart Vietnams und der vietnamesischen Diaspora als Teil der Berliner Stadtgesellschaft.


 3. Juli 2013: DONG XUAN CENTER

17 h
Über die Kunst der 90er Jahre in Vietnam und ihre Pioniere. Von Dokumenten und Erfahrungen zum Buch: Ein Zwischenstand
Workshop von Veronika Raludovic (Künstlerin, Berlin)

18.30 h
Radical banana leaves
Performance von Vytautas Jurevicius (Klasse Simon Starling, Städelschule)

 18.45 h
Hanoi Soundscape: Chợ Đồng Xuân
Soundperformance von Tri Minh (Künstler, Hanoi)

19.45 h
Ổn Định Động – Post-Vietnam Sensation Discourse
Publikation (in englischer Sprache) von Elisa Caldana, Clémentine Coupau, Daniel Jacoby, Ellen Yeon Kim, Mahsa Saloor, Jasmin Werner (Klasse Simon Starling, Städelschule)

20.45 h
Vietnamesisch Online. Sprache und Politik
Gespräch mit Pham Thi Hoai (Autorin/Bloggerin, Berlin)

22 h
Last Resort
Film von Andrew de Freitas (Klasse Simon Starling, Städelschule)

22.30 h
From color coded music to electronic music as a voice in civil society
Vortrag (in englischer Sprache) von Tri Minh (Direktor Hanoi Sound Stuff Festival, Hanoi)

23 h
Resonant Schumann Terrainism
Performance von Jol Thomson (Klasse Simon Starling, Städelschule)

23.30 h
xxxb
Performance von Raphaela Vogel (Klasse Simon Starling, Städelschule)

4. Juli 2013: District

17 h
„I and I”. Konstrukte von Identitäten und Inseln. Über zwei Werke aus Vietnam
Gespräch mit Veronika Witte (Künstlerin, Berlin)

18.15 h
Radical banana leaves
Performance von Vytautas Jurevicius (Klasse Simon Starling, Städelschule)

18.45 h
Über extreme Merkwürdigkeiten im großen Land der Vê
Gespräch mit Bui Thanh Hieu (Autor/Aktivist/Blogger), mod. von Bui Kim Dinh (Archäologin/Kuratorin, Berlin)

20 h
Lập Lòe
Performance von Tran Luong (Künstler, Hanoi)

21 h
Ổn Định Động
Präsentation (in englischer Sprache) von Thuy-Han Nguyen-Chi (Klasse Simon Starling, Städelschule)

21.30 h
International Tent Crisis 2013
Video (in englischer Sprache) von Yuki Kishino, Raphaela Vogel, Thuy-Han Nguyen Chi, Khaled Barakeh, Andrew de Freitas (Klasse Simon Starling, Städelschule)

22 h
Swallowing Geography, a conversation
Video von Simon Starling (Künstler, Kopenhagen) und Gespräch (in englischer Sprache) mit Simon Starling und Tran Luong (Künstler, Hanoi) mod. von Suza Husse (Kuratorin bei District)

 23.45 h
xxxb
Performance von Raphaela Vogel (Klasse Simon Starling, Städelschule)